Von Ekstroem
Wie sein Freund Schiller hat auch Goethe ein Gedicht über die Sehnsucht geschrieben:
Selige Sehnsucht
Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend´ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.
In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Überfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.
Nicht mehr bleibest du umfangen
In der Finsternis Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.
Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt.
Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
Johann Wolfgang von Goethe
(* 28. August 1749; hinübergegangen am 22. März 1832)
Der Schmetterling fliegt am Ende einer wundersamen Reise in die Flamme. Seine Metamorphose ist Sinnbild für die Entfaltung der Seele in immer höhere Seinszustände. Und seine Reise ist noch lange nicht zuende. Stirb und werde!
Es schwingt so vieles mit in dieser Aufforderung Goethes. Sie gemahnt an den Sonnenvogel Phönix, der sich immer wieder aus seiner Asche erhebt, an Unsterblichkeit und Wiedergeburt. Ist all dies nicht auch Deutschland? Deutschland, das sich immer wieder aus seiner Asche erhebt. Goethe war ja ein Geschichtskenner und liebte Deutschland.
Doch da ist mehr. „Stirb und werde!“ kann auch als Aufforderung zur inneren Einkehr gelesen werden. Im Sinne des Ausspruchs des Heiligen Paulus: „Ich sterbe täglich.“ Kontemplation nannten es die antiken Philosophen, unsere Ahnen, wie Meister Eckhart und Jakob Böhme sowie die großen Geister des deutschen Idealismus und der Romantik.
„Darum, lieber Mensch, lerne dich selbst erkennen,
denn das ist dir besser als wenn du die Kraft aller Kreaturen erkenntest.“
(Meister Eckhart, Von den Stufen der Seele [zeno.org])
Unzählige unbekannte unserer Ahnen waren mit diesem „Stirb und werde!“ vertraut. Denn es ist ganz einfach. Kontemplation heißt beispielsweise, einfach die Augen zu schließen und still zu werden. Das Ego tritt zurück (stirbt) und unser ewiges Selbst kann übernehmen. Das ist Freiheit! Niemand kann es dir nehmen, denn das bist du.
Nimm dir einfach fünf Minuten oder eine viertel Stunde Zeit, vielleicht am Anfang oder Ende des Tages, und sinne mit Freude und Liebe darüber nach, wie es sich anfühlt, im freien Deutschland zu leben. „Stirb und werde!“ Dieser gegenwärtige Transformationsprozess Deutschlands, der Welt und jedes Einzelnen wird immer sichtbarer, greifbarer, erfahrbarer. Der Phönix fliegt schon …
Möge das freie Deutschland erstehen.
Heil und Segen
Ekstroem
P.S.: Die Sprache der Freiheit: Hans Albers – Flieger grüss mir die Sonne ( 1932 ) [YT]
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