John Cantlie: Hört mich an – Episode 1

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Ein Beitrag vom Nachtwächter am 27.09.2014


Seit ein paar Tagen kursiert das zweite Video des in Gefangenschaft des Islamischen Staats befindlichen britischen Journalisten John Cantlie im Internet. Im Netz wird bereits an vielen Stellen über die Authentizität des Ankündigungsvideos diskutiert und die Meinungen darüber differieren durchaus. Ungeachtet dessen stellen wir das Video hier zur Verfügung, damit sich jeder selbst ein Bild davon machen kann.

Da YT bemüht ist, das Video nach einem Upload schnellstmöglich wieder zu löschen, wurde es direkt auf diese Plattform hochgeladen. Die volle Transkription des Inhalts findet sich unter dem Video. Die vollständige Übersetzung ins Deutsche im Anschluss.


Vollständige Transkription zum Mitlesen

Hello there.  I am the British citizen abandoned by my government and a long-term prisoner of the Islamic State.

In this program, we’ll see how the Western governments are hastily marching towards all-out war in Iraq and Syria without paying any heed to the lessons of the recent past, and how they are using the persuasive approach to lure the public back into the conflict.

So, let’s get straight to the point with a quote from former- C.I.A.-chief-turned-vigorous anti- intervention-campaigner Michael Scheuer: ‘President Obama does not have the slightest intention of defeating the Islamic State, which would require the aerial slaughter and boots in on the ground and the demolishing of the mujahedin‘ – Michael Scheuer whose knowledge of the Muslim Nation and the complexity of their society is considerable adds „18 years into our war with the Islamists our government has given no public sign that it has the slightest awareness of what its enemies are fighting for.

Now, there are two solid points here.

The Obama Administration is so perplexed as they marched back into Iraq that they tap-dancing on the issue in a „we’re getting involved but we’re not really getting involved“ kind of way.  You know, air strikes but no troops on the ground, limited operation time, no mission creep, all those pre-combat agreements that tend to get forgotten after the first six months of nasty tough stuff.

The pre-9/11 Afghans are already back in control of large areas of Afghanistan while the full might of the American war machine couldn’t destroy the Islamic State in Iraq before.

So, now the State is far stronger now than ever it was.

What is this latest ill-advised foray really supposed to achieve? And Scheuer’s point is aptly made. As ever, the entire reason why we are at war with the Islamists and what they are fighting for is brilliantly avoided by all.

Senior US politicians seem content to call the Islamic State nasty names: „awful“, „vile“, „a cancer“, „an insult to our values“, but such petty insults don’t really do much harm to the most powerful jihadist movement seen in recent history. That the Western governments were caught napping by the sheer speed of the Islamic State growth is now a given.  „Intelligence officers failed to anticipate the emergence of the Islamic State“, says Tom Kean, the former New Jersey Governor.  „We certainly didn’t anticipate them going across the border into Iraq and declaring themselves a Caliphate.“

Obama and his allies were well and truly caught by surprise.

The President once called George Bush’s Iraq conflict „a dumb war“ and couldn’t want to distance America from it when he came into power.  Now he is being inexorably drawn back in. But he is at pains to point out that this not the equivalent of the Iraq War.  In fact, it is far more complicated and prone to failure.  There is a newly-elected pro-American Iranian regime in Iran. They wait eagerly for further American intervention to strengthen the Iranian Crescent in the Middle East.

But the appointment of a new puppet is an important piece of the puzzle in America’s Gulf War. Free as it allows them to get involved quickly via a proxy.  Iraq’s leaders should know that „America will stand shoulder to shoulder with Iraqis as they implement their National Plan“, gushed John Kerry on the 9th of September – meaning our National Plan to tackle the Islamic State.  Everyone now is getting involved.  Denmark and France have sent air power. Britain is arming the Kurds. Iran is sending troops. Contracts are being sought in Iraq and even Bashar Al Assad until earlier this year – the most hated and villainised tyrant in the Arab world – is being approached for permission to enter Syria.

„Can the Islamic State be defeated without addressing that part of their organisation that resides in Syria?“ asked General Martin Dempsey.

The answer is NO.

It’s all quite a circus – air strikes, the creation of last-minute puppet governments, advisory teams of the ground, wooing previous enemies to join in and trans-border incursions into a country that has been in a state of civil war for three years – all the while completely underestimating the strength and fighting zeal of the opponent. Not since Vietnam have we witnessed such a potential mess in the making.

Current estimates of 15,000 troops needed to fight the Islamic State are laughably low. The State has more mujahideen than this. This is not some undisciplined outfit with a few Kalashnikovs.

We started with Michael Scheuer, so let us give him the final word for now: „Think what you will of the Islamists and their brand of war-making,“ he says, „but they have been in the field fighting since 1979 and their movement has never been larger, more popular or as well-armed as it is today.

Join me again for the next program.

Übersetzung

Hallo. Ich bin der von meiner Regierung im stich gelassene britische Bürger und langzeit-gefangene des Islamischen Staats.

In dieser Sendung werden wir sehen, wie die westlichen Regierungen sich hastig in einen uneingeschränkten Krieg im Irak und in Syrien begeben, ohne den Lehren der jüngsten Vergangenheit irgendeine Beachtung zu schenken und wie sie den Versuch unternehmen, die Öffentlichkeit zurück in den Konflikt zu locken.

Lassen Sie es uns also gleich auf den Punkt bringen, mit einem Zitat des ehemaligen, sich zu einem energischen Anti-Interventions-Befürworter gewandelten, CIA-Chefs Michael Scheuer: „Präsident Obama hat nicht die geringste Intention den Islamischen Staat zu besiegen, was eine Luftschlacht, Bodentruppen und die Zerstörung der Mujaheddin erfordern würde.“. Michael Scheuer, dessen Wissen um die muslimische Nation und die Komplexität ihrer Gesellschaft umfangreich ist, fügt hinzu: „In den 18 Jahren unseres Kriegs gegen die Islamisten hat unsere Regierung den Eindruck vermissen lassen, dass sie sich auch nur im geringsten darüber bewusst ist, wofür ihre Gegner kämpfen.“

Nun, es gibt da zwei grundlegende Aspekte.

Die Obama-Administration ist so perplex, dass sie bei ihrem erneuten Einmarsch in den Irak einen Stepptanz in der Art „wir engagieren uns, aber wir engagieren uns doch nicht so richtig“ aufführen. Sie wissen schon, Luftschläge aber keine Bodentruppen, eine begrenzte Zeit für die Operation, keine Ausweitung des Einsatzes, all diese Vereinbarungen vor dem Gefecht die dazu neigen, nach sechs Monaten hässlicher Aktionen in Vergessenheit zu geraten.

Die Afghanen von vor 9/11 haben längst wieder die Kontrolle über weite Teile Afghanistans, während die ganze Macht der amerikanischen Kriegsmaschinerie den Islamischen Staat im Irak vorher nicht zu zerschlagen vermocht hat.

Der Staat ist also jetzt erheblich starker, als er jemals zuvor war. Was will man mit diesem jüngsten krankhaften Beutezug wirklich erreichen?

Und Scheuer bringt es treffend auf den Punkt. Wie immer wird der Grund, warum wir gegen die Islamisten Krieg führen und wofür sie kämpfen auf brillante Art und Weise gemieden.

Altgediente US-Politiker scheinen sich einig zu sein, indem sie den Islamischen Staat als „widerlich“, „ekelhaft“, „eine Beleidigung unserer Werte“ beschimpfen, aber diese belanglosen Beleidigungen treffen die mächtigste Djihadisten-Bewegung der jüngeren Geschichte nicht sonderlich.

Dass die westlichen Regierungen dabei erwischt wurden, das schiere Tempo des Wachsens des Islamischen Staats zu verschlafen, ist nun eine Tatsache. „Geheimdienstmitarbeiter haben das Aufkommen des Islamischen Staats nicht vorhergesehen.“, sagt Tom Kean, der ehemalige Gouverneur von New Jersey. „Wir haben jedenfalls nicht vorhergesehen, dass sie die Grenze zum Irak überschreiten und ihr eigenes Kalifat ausrufen.“. Obama und seine Alliierten wurden Davon wahrlich überrumpelt.

Der Präsident nannte George Bushs Irak-Konflikt einst einen „dummen Krieg” und hat es nicht fertig gebracht, Amerika davon zu distanzieren, als er an die Macht kam. Jetzt wird er unaufhaltsam wieder hineingezogen, aber es schmerzt ihn erkennen, dass dies nicht das Äquivalent des Irak-Kriegs ist. Tatsächlich ist es viel komplizierter und es ist geneigt zu scheitern. Es gibt ein neugewähltes pro-amerikanisches iranisches Regime im Iran. Die warten ungeduldig auf weitere amerikanische Interventionen, was den Iranischen Halbmond im Mittleren Osten stärken wird.

Aber das Einsetzen einer neuen Marionette ist ein wichtiges Puzzleteil in Amerikas Golfkrieg. Es erlaubt ihnen, schnell über einen Stellvertreter involviert zu werden. Iraks Führer sollten wissen, dass „Amerika bei der Umsetzung ihres nationalen Plans Seite an Seite mit den Irakis stehen wird.“, ergoss sich John Kerry am 9. September und meint damit unseren nationalen Plan, den Islamischen Staat zu bekämpfen.

Alle mischen sich nun ein. Dänemark und Frankreich haben Luftunterstützung geschickt. Britannien bewaffnet die Kurden. Iran schickt Truppen. Man ersucht den Irak um eine vertragliche Vereinbarung und selbst Bashar Al Assad, der bis vor kurzem noch der am meisten gehasste und als Schurke gebranntmarkte Tyrann der arabischen Welt, wird um seine Erlaubnis gebeten in Syrien einzumarschieren.

„Kann der Islamische Staat geschlagen werden, ohne jenen Teil seiner Organisation anzusprechen, der in Syrien ansässig ist?“, fragte General Martin Dempsey.

Die Antwort ist NEIN.

Da wird ein ziemlicher Zirkus veranstaltet. Luftschläge, die Erschaffung von Marionetten-Regierungen in letzter Minute, Beraterteams am Boden, ehemalige Feinde werden gebeten mitzumachen und grenzüberschreitende Übergriffe in ein Land, das seit drei Jahren im Zustand des Bürgerkriegs ist, währenddessen die Stärke und die Kampfbereitschaft des Gegners vollständig unterschätzt wird. Seit Vietnam haben wir ein solches potenzielles Chaos im Ansatz nicht mehr gesehen.

Die aktuellen Schätzungen von 15.000 benötigten Truppen zur Bekämpfung des Islamischen Staats sind lachhaft niedrig. Der Staat hat deutlich mehr Mujaheddin. Das ist nicht irgendein undisziplinierter Haufen mit ein paar Kalaschnikows.

Wir haben mit Michael Scheuer angefangen, also geben wir ihm das vorerst letzte Wort. Er sagt: „Denken Sie, was Sie wollen über die Islamisten und ihre Art Krieg zu führen, aber sie befinden sich seit 1979 im Kampf und ihre Bewegung war noch nie größer, populärer, oder so gut bewaffnet wie heute.“

Seien Sie auch bei der nächsten Sendung wieder dabei.


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