Katalonische Sezession und die edlen Motive

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Ein Beitrag vom Nachtwächter am 07.11.2014


Von Ryan McMaken

ryan mcmakenDie katalonische Regionalregierung hat signalisiert, dass sie plant, das Referendum über die Abtrennung von Spanien am 9. November doch durchzuführen. Die spanische Zentralregierung besteht darauf, dass dieses Referendum illegal ist und der spanische Staat eine mögliche Entscheidung zur Abspaltung von Spanien nicht anerkennen wird. (Ein derart unverholen antidemokratisches Vorgehen einer europäischen Regierung wird sich als interessant erweisen, wenn die spanische Regierung das nächste Mal über die Notwendigkeit herumschwadroniert, irgendeinem fremden Land die Demokratie aufzuzwingen.)

Es ist durchaus passend, dass das Referendum auf das 25te Jubiläum des Falls der Berliner Mauer angesetzt wurde, da damit natürlich ein Prozess seinen Ausgang nahm, der zur de-facto-Abspaltung von mehreren Staaten führte; von etwas, was praktisch ein auf einem System von osteuropäischen Satellitenstaaten aufgebauter, sowjetischer Megastaat war. Ungarn und Polen waren zwar de jure unabhängige Staaten, aber wir alle haben die Realität hinter dieser Behauptung 1956 in Ungarn und 1968 in Prag gesehen.

Ich frage mich, wenn heutige Politiker in Madrid auf ihren kleinen samtigen Stühlen im Jahr 1989 sitzen würden, würden sie die das polnische Solidaritätsreferendum, welches Polen im Wesentlichen von der sowjetischen Herrschaft befreit hat, ablehnen? Oder war das auch ein “legaler Betrug“, wie die Regierung in Madrid das katalonische Referendum nennt? Aus Sicht des sowjetischen Staates waren die meisten osteuropäischen Freiheitsbewegungen “illegal“. Und trotzdem haben diese ungezogenen Gesetzesbrecher damit weitergemacht. Diese Unruhestifter.

“McMaken, Sie Lohnschreiber“, werden jetzt einige meiner Leser sagen. “Wissen Sie nicht, dass die Sezessionisten in Katalonien keine edlen Freiheitlichen sind? Wissen Sie nicht, dass viele von denen sogar noch größere Sozialisten sind, als die Leute in Madrid?“ Nun, ja, darüber bin ich mir durchaus im Klaren. Genauso, wie ich mir auch über die Tatsache bewusst bin, dass jene wertvollen wenigen Freiheitskämpfer in Osteuropa Anhänger der Schule von Frédéric Bastiat waren. Tatsächlich waren viele jener Freiheitskämpfer, inklusive jener in Budapest 1956 und jenen in Prag 1968, Sozialisten in jedweder Hinsicht. Viele waren schlicht Nationalisten, die lieber von Ungarn oder Tschechen regiert werden wollten, als vom Politbüro in Moskau.

Ja und? Sollen wir deshalb den Aufstand in Ungarn verurteilen, nur weil er keine wirklich edlen Motive hatte? Hätte man den Demonstranten in Ost-Berlin, die die Mauer zu Fall gebracht haben, als Freiheitlicher sagen sollen, sie sollen verschwinden, nur weil sie keine Misesianer waren?

Einen solchen Standpunkt zu vertreten ist schrecklich und trotzdem unterscheidet er sich nicht von dem Standpunkt einiger Libertärer, dass jede sezessionistische Bewegung verurteilenswert ist, es sei denn, alle schwenken die Fahnen des westlichen Libertarismus.

Ja, ich sehe auch, dass der spanische Staat sich ziemlich von dem sowjetischen Staat unterscheidet, aber dabei handelt es sich um einen Unterschied in der Größe, nicht im Wesen. Auch wenn es zutrifft, dass die Verordnungen aus dem Politbüro grundsätzlich viel schlimmer waren, als die von Madrid erlassenen Verordnungen, so bleibt es doch eine Tatsache, dass Ungarn keinerlei Veto-Rechte hatte, sich ihnen entgegenzustellen. Katalonien ist heute in derselben Situation und einer Mehrheitsherrschaft von Außenseitern unterworfen, die regionale Vorrechte überstimmen kann. Die Ungarn hatten 1956 den Wunsch, über ihre eigenen Angelegenheiten zu bestimmen, ohne mit den Wünschen des Kremls konform zu gehen. Die Katalonier wollen Madrid in vergleichbarer Weise entkommen.

Was aber, wenn der neue unabhängige Staat sich als gar noch tyrannischer herausstellt, als der, den man verlassen hat? In der Praxis ist das sehr unwahrscheinlich. Tatsache ist, dass kleine unabhängige Staaten, unabhängig von der Ideologie ihrer Gründer, viel eher einen ausgeprägteren Freihandel betreiben werden, mit offeneren Grenzen und generell mehr Freiheiten, als ein großer Staat der Fähigkeit hat, große Teile der einheimischen Bevölkerung auszuplündern. Wie Murray Rothbard festgestellt hat, sind kleinere Staaten außerdem viel weniger dazu in der Lage, einen Mythos von ökonomischer Selbstbestimmung zu verbreiten:

Eine verbreitete Reaktion auf eine Welt wuchernder Nationen ist, sich über die Vielzahl von möglicherweise eingerichteten Handelsbarrieren zu sorgen. Aber ungeachtet dessen, je größer die Anzahl neuer Nationen und je kleiner deren Größe, umso besser. Denn es wäre viel schwieriger die Illusion der Autarkie auszusäen, wenn der Slogan “Kauft Produkte aus Nord-Dakota“ oder “Kauft Produkte aus der 56ten Straße“ wäre, als es jetzt ist, die Öffentlichkeit von “Kauft Amerikanische Produkte“ zu überzeugen.

Ungleich schwieriger wäre “Nieder mit Süd-Dakota“, oder erst recht “Nieder mit der 55ten Straße“ zu verkaufen, anstatt Furcht oder Hass auf die Japaner zu verbreiten. Entsprechend wären die Absurditäten und die bedauernswerten Konsequenzen von Fiat-Papiergeld viel offensichtlicher, wenn jede Provinz, oder jeder Stadtteil oder Straßenzug seine eigene Währung drucken würde. Eine dezentralisiertere Welt würde viel eher auf solide Wirtschaftsgüter wie Gold oder Silber für ihr Geld zurückgreifen.

Dies erwächst aus reiner Notwendigkeit. Je größer ein Staat ist, umso besser ist seine Fähigkeit mehr Kapital über einen längeren Zeitraum von jenen die es besitzen zu extrahieren. Zum Teil liegt das daran, dass ein größeres Territorium ein vollständigeres Monopol über jene innerhalb ihrer Grenzen mit sich bringt. Genau wie ein planetenweiter Staat ein totales Monopol haben würde, erfreut sich ein kleiner Staat einem nur schwachen, neutralen Monopol. Kleinere Staaten sind entsprechend viel eingeschränkter, da sie weniger dazu in der Lage sind die Flucht von Menschen und Kapital zu kontrollieren. Die erklärte Ideologie der Dissidenten ist irrelevant in Bezug auf die Realitäten wirtschaftlichen Lebens.

Und mal im Ernst, glaubt irgendjemand wirklich, dass ein unabhängiges Katalonien zu einem Nord-Korea, oder Kuba würde (die großen Ausnahmen zum Gesetz der kleinen Staaten)? Würden Menschen, die derart offensichtlich haarsträubendes glauben, Anarcho-Kapitalisten auslachen und als „unrealistisch“ und „abgehoben“ bezeichnen?

>>> zum Original-Beitrag auf LewRockwell.com


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