Der moderne Immobilienkredit: Wie die Bank an den Zinssklaven verdient

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Ein Beitrag vom Bondaffen am 03.06.2015


Die Anfänge

Der Bondaffe sagt...Wie viel eine Bank an einem einzelnen Immobilienkredit verdient, wird wohl zu den am strengsten gehüteten Geschäftsgeheimnissen des Bankbetriebs überhaupt gehören. Zu unterschiedlich mögen die Konditionen und Bedingungen des einzelnen Vertrages sein, damit wird die Vergleichbarkeit schwierig. Andererseits ist Transparenz seitens der Bank gegenüber dem Kunden und der Öffentlichkeit weniger gewünscht, aber vielleicht wissen es auch die Banker selbst nicht genau.

Die ganz genauen Zahlen dürften eh nur einem überschaubaren Kreis aus den oberen Etagen bekannt sein, der Rest begnügt sich mit der Aussage „es sei eine Mischkalkulation“ und ist damit zufrieden. Diese Aussage verleiht Sicherheit. Für den Kunden werden extra Kennzahlen errechnet; sehr solide klingt z. B. der Ausdruck „effektive Verzinsung“ oder „Effektivzinssatz“, aber letztendlich verwirren diese Kennzahlen mehr, als dass sie aufklären. Die Finanzmathematiker in den Banketagen sind jedoch findig und im Erfinden neuen Kennzahlen, Messsystemen und Berechnungsmethoden sind sie allen voraus – wahrscheinlich auch der Finanzaufsicht.

Es zählt einzig das Kreditvolumen und der Gesamtumsatz, denn das Gesetz des ewig währenden Wachstums verlangt „Masse statt Klasse“. Es soll übrigens draußen in der freien Wirtschaft Handelsunternehmen geben, die machen zwar einen Riesenumsatz, aber keinen Gewinn. Gemäß dem Motto „Dieses Geschäft bringt keinen Gewinn, macht aber Spaß!“. Bei einer Bank ist das völlig anders, denn ihre Handelsware ist das Geld. Diese Ware unterliegt im weitesten Sinne keinem Verbrauch, keiner Abnutzung, keiner Reparatur. Ganz im Gegenteil, sie kommt gleichmäßig verteilt über einen geschlossenen Kreditvertragszeitraum zurück und bringt noch „Zusatzware in Form von Zinsen“ mit. Gerade dieser Effekt ermöglicht ein völlig neues Geschäftsmodell. Mittlerweile hat sich unsere Gesellschaft schon so daran gewöhnt, dass es nicht mehr hinterfragt wird – obwohl es wirklich interessant und spannend ist!

Es geht nur um die reinen Flows

Blicken wir wie gehabt auf die „Flows“, also die Geldflüsse, die in Form von Zins und Tilgung ge- bzw. erzeugt werden. Wie in meinem letzten Artikel erläutert besteht eine monatliche Rückzahlungsrate aus einem Zinsanteil und einem Tilgungsanteil. Dabei gibt es mit jeder Rate eine geringfügige Erhöhung des Tilgungsbetrages und eine Reduzierung des Zinsbetrages. Zum Ende der Kreditlaufzeit ist die monatliche Tilgung recht stattlich, der monatliche Zinsbetrag spielt keine bedeutende Rolle mehr.

Im angewandten Berechnungsmodell lässt sich recht einfach darstellen und erklären, wie viel an Zinsen und an Tilgung die Bank in einem angenommenen Zeitraum vereinnahmt hat. Diese Zahlen gewinnen an besonderer Bedeutung, wenn man die vereinnahmten Zinsen als jährlichen Zinssatz umrechnet und damit mit der Guthabenverzinsung der Einlagen vergleichbar macht. Dazu die bekannten Beispiele:

BEISPIEL #1:

  • Kreditbetrag in 1990ern: 100.000 EURO
  • Jährlicher Zinssatz: 6%
  • Jährliche Tilgung: 1%

Das macht 6.000 EURO Zinsen jährlich und 1.000 EURO Tilgung jährlich – insgesamt 7.000 EURO Belastung im Jahr – und ergibt eine monatliche Rate von 583,33 EURO. Die Laufzeit des Kredits beträgt bei dieser Konstruktion 390 Monate, das sind 32,5 Jahre.

Die Zinsflows: Nach 10 Jahren Laufzeit hat die Bank 56.343 EURO an Zinsen vereinnahmt, macht umgerechnet auf ein Jahr 5.634 EURO; die Restschuld des Kreditnehmers beträgt noch 86.494 EURO. Nach 30 Jahren Laufzeit hat die Bank 126.290 EURO an Zinsen vereinnahmt, macht umgerechnet auf ein Jahr 4.210 EURO; die Restschuld des Kreditnehmers beträgt noch 16.790 EURO.

BEISPIEL #2:

  • Kreditbetrag heute: 100.000 EURO
  • Jährlicher Zinssatz: 1,5%
  • Jährliche Tilgung: 1%

Das macht 1.500 EURO Zinsen jährlich und 1.000 EURO Tilgung jährlich – insgesamt 2.500 EURO Belastung im Jahr – und ergibt eine monatliche Rate von 208,33 EURO. Die Laufzeit des Kredits erhöht sich bei dieser Konstruktion auf insgesamt 733 Monate, das sind 61,1 Jahre.

Die Zinsflows: Nach 10 Jahren Laufzeit hat die Bank 14.218 EURO an Zinsen vereinnahmt, macht umgerechnet auf ein Jahr 1.421 EURO; die Restschuld des Kreditnehmers beträgt noch 89.314 EURO. Nach 30 Jahren Laufzeit hat die Bank 37.141 EURO an Zinsen vereinnahmt, macht umgerechnet auf ein Jahr 1.238 EURO; die Restschuld des Kreditnehmers beträgt noch 62.272 EURO.

In diesen beiden Beispielen sind die reinen Flows abgebildet. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber bleiben Zinseszinseffekte oder Sondereffekte (wie z.B. Sondertilgungen etc.) vollkommen unberücksichtigt. Wir können also folgendes schlussfolgern, und dies wird im Vergleich zu anderen Berechnungsmodellen höchst interessant:.

  • einem Kreditzinssatz pro Jahr von 6,0% stehen Zinsflüsse in Form von Zinserträgen für die Bank von 5,63% nach 10 Jahren und von 4,21% nach 30 Jahren gegenüber
  • einem Kreditzinssatz pro Jahr von 1,5% stehen Zinsflüsse in Form von Zinserträgen für die Bank von 1,42% nach 10 Jahren und von 1,24% nach 30 Jahren gegenüber

EFFEKT-RUNDEN

BASIS-EFFEKT #1: Die Bank vereinnahmt bei den Zinsflows bei Immobilienfinanzierungen stets weniger, als bei der gängigen Zinsberechnungsmethode bei festverzinslichen Papieren errechnet wird. Dementsprechend ist die Kostenseite, also die Kundeneinlagenseite, zu kalkulieren.

BASIS-EFFEKT #2: Nehmen wir nun theoretisch an, nur ein einziger Einlagenkunde refinanziert den Kredit. Dieser eine Einlagenkunde müsste sich auf die Gesamtlaufzeit des Kredits festlegen, bis er seine Einlage zurückerhält. Die Bank erhält aber die Tilgungsrate und die Zinsen monatlich zurück.

FOLGE-EFFEKT #3: Nach der ersten Zins- und Tilgungsratenzahlung des Kunden hat die Bank wieder Geld im Betrieb, welches sie jetzt ohne Gegenfinanzierung durch einen Einlagenkunden wieder verleihen kann. Jetzt ist sie selber ihr eigener Einlagenkunde.

FOLGE-EFFEKT #4. Die Bank kann jetzt die eigenen vereinnahmten Zinsen aus der ersten erhaltenen Rate wieder verleihen.

FOLGE-EFFEKT #5: Da der erste Einlagenkunde sein Geld erst in 30 Jahren zurückerhält, verleiht sie dessen Geld, dass mit der ersten Tilgungsrate des Kredits hereingeflossen ist, noch einmal und stets wieder, wenn es als Tilgung zurückkehrt.

FOLGE-EFFEKT #6: Die Effekte #4 und #5 wiederholen sich daraufhin ständig und immer schneller. Im Laufe der folgenden Jahre verwässern sich alle Effekte mit der Folge, dass ein ursprünglicher Einlagenbetrag mehrfach verliehen wird (eine Bankeigenkapitalquote von 5% würde einem 20fachen Verleihvorgang entsprechen).

FOLGE-EFFEKT #7: Ab dem zweiten Verleihvorgang erhöht sich die Anzahl der Zinsflows aus den Verleihvorgängen, sprich den Krediten. Denen steht aber nur der erste Einlagenvorgang gegenüber. Daraus ergibt sich eine höhere Anzahl von Zinsflows (als Ertragskomponenten) aus den Krediten, aber nur ein einziger Zinsflow (als Kostenkomponente) für die erste Einlage.

Die ersten Knospen im Wachstum der wundersamen Geldvermehrungsmaschinerie

Natürlich gibt es nicht nur einen Einlagenkunden sondern Millionen „Original-Erst-Einlagenkunden“, die von den Effekten profitieren. Das Geld vermehrt dann sich von selbst. Die Grenzen verwischen, das Laufzeiten-Management der Einlagen und der Kredite wird angepasst und verändert sich. Man formuliert Leitsätze („Compliance“ würde man heute sagen) wie die „Goldene Bankenregel“, obwohl man bei Langfrist-Betrachtung nicht so recht daran glauben mag.

Bargeld wird unbedeutend am Gesamtgeldkreislauf, es entsteht ein moderner Buch- bzw. Elektrogeldkreislauf. Damit verwässert alles noch mehr, wird intransparent. Beachten Sie, das System verändert sich selbst über einem langen Zeitraum und Sie als Kunde merken es kaum. Das System wird ständig angepasst.

Es ist fatal. Der erste Anleger, der sein Geld auf die Bank bringt löst all diese Effekte aus. Viele Kleinanleger bringen viele Kleinbeträge zusammen, die in einem einzigen großen Kredit oder mehreren kleinen Krediten an Kreditnehmer ausgegeben werden. Was nach dem WK2 mit relativ wenigen Buchgeld-D-Mark in einem einfachen Banksystem begann, ist heute zu einem unüberschaubaren EURO-Buchgeld-Moloch mit Global-Player-Bankkolossen herangewachsen.

Der erste Guthabenzinssatz mit dem man das Geld in die Bank hineinzieht, nennt sich zwar Einlagenzinssatz, hat aber den Charakter eines Lockvogels. Das Bargeld muss in die Bank, denn sonst kann kein Buchgeld künstlich generiert werden. Zum Schluss – wie heute – kommt man noch auf die Idee, das Bargeld abzuschaffen. Denn das Bargeld hat in dieser Funktion (als Anlasser) seine „Schuldigkeit“ getan und wird nicht mehr gebraucht.

Damit ist zunächst der Grundstein für ein sich stetig anpassendes, sich aus sich selbst heraus veränderndes Schuldgeldsystem gelegt. Aber es wird noch viel besser und viel schlimmer. Wie, erfahren Sie im nächsten Teil der Serie.

DER BONDAFFE

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