Nomi Prins: »Die FED lebt in einem alternativen Universum«

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Von Nomi Prins

Nomi PrinsWährend des gesamten letzten Jahres habe ich vorausgesagt, dass die Federal Reserve die Zinsen bis September nicht anheben wird und dass es unwahrscheinlich ist, dass eine solche Maßnahme wirklich ernsthaft irgendwelche Wirkung zeigen würde. Dies hat sich als korrekt bestätigt.

Am 16. Dezember hat die FED die Zinsen angehoben – quasi. Ich sage das, weil die FED den kleinstmöglichen Schritt gegangen ist, 25 Basispunkte, und auf diesem Weg das Zinsfenster der FED von 0 bis 0,25 auf 0,25 bis 0,50 Prozent angehoben hat.

Diese Maßnahme wurde von sorgfältig ausgewählten Worten begleitet, mit denen angedeutet wurde, dass sie vergleichbar mit dem Eintauchen eines Zehs in eiskaltes Wasser war. Es wird nicht zu einem Kopfsprung kommen, sondern höchstens zu einem weiteren Eintauchen eines Zehs und dann zieht man sich schleunigst wieder zurück in die Wärme der Schwerfälligkeit. Es gibt fünf Hauptgründe, warum die relative Schwerfälligkeit der bevorzugte Modus Operandi der FED bleiben wird.

Die Zinserhöhung hat nichts gebracht

Erstens und am offensichtlichsten befindet sich die Welt weiterhin in einem wirtschaftlichen und finanziellen Durcheinander. Schwellenmärkte im Süden des Globus und in Regionen Ost-Asiens taumeln nach wie vor. Wenn die FED sich wirklich auf eine systemische Politik der Zinserhöhungen einlassen würde, hätte dies die weitere Vortäuschung einer starken US-Wirtschaft zur Folge, welche immun gegen weltweite Kernschmelzen wäre, als ob die USA in einem Vakuum operieren würde. Eine fehlgeleitete Tapferkeit der FED, kombiniert mit sich immer weiter verschlechternden internationalen Realitäten, passt nicht zu einer massiven Änderung der US-Geldpolitik.

Zweitens haben die US-Aktienmärkte nicht gut reagiert. Die FED beobachtet sie sehr genau, trotz öffentlicher Versicherungen, dass sie sich auf die Arbeitslosigkeit und Inflationskennziffern konzentriere. Konzerne verlassen sich auf billiges Geld, um in Aktienrückkäufe zu investieren und die Banken versetzen sie in die Lage, auf dieses billige Geld zugreifen zu können. Bedeutende Zinserhöhungen sind schlecht für Aktienkurse, welche wiederum mit Boni in Verbindung stehen. Dazu kommt, dass die Wall Street lieber auf billige Liquidität für spekulative Zwecke zurückgreift, als handfeste Zinsen auf Sparkonten zu bezahlen.

Seit die FED die Zinsen angehoben hat, verlor der DOW etwa 10 Prozent seines Rekordstandes im vergangenen Mai und ist, bei seinem schlechtesten 5-Tage-Start überhaupt, um 6,19 Prozent gefallen. Die weltweiten Märkte gingen in den Sturzflug über. Der breit aufgestellte Stoxx Europe 600-Index beendete die erste Handelswoche 2016 mit -6,7 Prozent.

Drittens hat der Dollar gegen die meisten großen Währungen und Währungen der Schwellenmärkte in der ersten Woche 2016 an Boden gewonnen und sein höchstes Niveau seit mehr als 13 Jahren erreicht, weil es anderen Ländern noch viel schlechter ergeht, als den USA. Der Yuan stürzte auf sein schwächstes Niveau gegenüber dem Dollar seit Dezember 2010. Die FED will keinen starken Dollar, was belegt, wie ineffektiv ihre Politik gewesen ist.

Viertens, angesichts des aktuellen Überangebotes und der Spekulationen im Rohöl-Markt, werden die Ölpreise, aus physischer und finanztechnischer Perspektive, in der näheren Zukunft wahrscheinlich niedrig bleiben. Folglich ist der Gedanke einer weiteren Zinserhöhung zur Abkühlung der Inflation ein Rohrkrepierer. Unternehmen mit Verbindung zu den Ölmärkten, welche 2015 bereits 60 Prozent der Insolvenzen ausgemacht haben, werden aufgrund der anhaltend niedrigen Ölpreise in 2016 weiter mit schrumpfenden Umsätzen und Pleiten zu kämpfen haben. Und es betrifft nicht nur die Ölindustrie. Laut Standard & Poor’s sind »derzeit schwindelerregende 72 Prozent der Bonds in der Metall-, Minen- und Stahlindustrie notleidend«.

Eine Zinserhöhung würde diese Schuldenprobleme zu noch verschlimmern, was den an Krediten hängenden Banken schaden würde und auch den von ihren Bond- und Aktienkäufen abhängigen Investoren. In unserem derzeitigen System des ‚Bankismus‘ ist die vordergründigste Aufgabe der FED, die großen Banken zu schützen. Ergo, keine großen Zinserhöhungen.

Fünftens wird all das Vorgenannte mehr Stellenkürzungen zur Folge haben, was zu schlechteren Arbeitslosenzahlen führen wird, was dazu führen wird, dass die FED in Sachen Zinsen nicht die Sau rauslassen wird.

Angst und Ahnungslosigkeit

Die FED bleibt weiter in einer Politik der Angst, Ahnungslosigkeit und einem Mangel an Entschlusskraft gefangen, was ihre billige “Gelddruck-Politik“ zu Beginn ihres achten Jahres charakterisiert. Die Unternehmens-Medien feierten die Zinserhöhung, als wenn das der Beginn einer neuen Ära der Geldpolitik gewesen wäre. Das war es nicht. Der Beweis dafür findet sich in dem Ausmaß, in welchem die FED ihr laxes Geschwätz verbreitet und ihre eigene Verkündung der Zinserhöhung als einen Indikator dafür genommen hat, dass da noch etwas nachkommt.

Tatsächlich unterstrich die FED, dass ihre »Grundhaltung zur Geldpolitik nach dieser Zinserhöhung anpassungsfähig sei und somit weitere Verbesserungen bei den Arbeitsmarktbedingungen und eine Rückkehr zur Inflation von 2 Prozent unterstützt«. Lassen Sie das mal sacken. Selbst nachdem sie die Zinsen ein klitzekleines bisschen angehoben hat, verspricht die FED immer noch eine anpassungsfähige Geldpolitik.

Was sollte das Ganze dann überhaupt? Nur soviel: FED-Chefin Janet Yellen kann sich beruhigt zurücklehnen, weil sie etwas gemacht hat, was der ehemalige FED-Chef Ben Bernanke nicht getan hat. Ihr Vermächtnis ist somit ein anderes – zu einem Bruchteil. Lassen Sie uns noch mehr der rückverfolgbaren Worte der letzten FED-Bekanntmachung untersuchen, um herauszufinden, wie der Trend für das laufende Jahr ist.

Denken Sie über diese Aussage nach: »Netto-Exporte waren schwach«, gefolgt von »dem Druck auf die US-Wirtschaftsaktivitäten, durch die Aufwertung des Dollars seit Sommer 2014 und der Abschwächung des Wirtschaftswachstums im Ausland, insbesondere bei den Volkswirtschaften der Schwellenmärkte, was die US-Netto-Exporte wahrscheinlich weiterhin belasten wird.«

Das Federal Open Market Committee [FMOC] nimmt Bedenken zur Kenntnis, dass jede zusätzliche »Aufwertung des Dollars« den Schwellenmärkten noch mehr Schaden könnte und dies im Umkehrschluss den USA schadet. Solange der Dollar im Verhältnis zu anderen Währungen auf einem hohen Niveau steht, werden diese Länder weniger US-Produkte und -Dienstleistungen kaufen. Dies ist negativ für die Erhaltung all der Arbeitsplätze in den USA, die von diesen Produkten und Dienstleistungen abhängig sind. Es bedeutet weitere Entlassungen und höhere Arbeitslosenzahlen in den USA und im Ausland.

Als nächstes gibt die FED zu, dass die Inflation wahrscheinlich niedrig bleiben werde: »Marktbasierende Maßnahmen zur Kompensation der Inflation bleiben schwach.« Dies liegt hauptsächlich daran, dass die Ölpreise durch das Überangebot, die schwächere Nachfrage und durch Spekulation niedrig bleiben werden. Da Saudi Arabien und der Iran in fortlaufende Machtkämpfe verwickelt sind, wird keins dieser beiden OPEC-Länder auf ihre Angebotsaktivitäten beim Öl verzichten.

Dazu kommt, dass viele internationale Volkswirtschaften schrumpfen oder im Status Quo schweben, was bedeutet, dass deren Ölbedarf verhalten bleibt. Fügen Sie da noch eine Vielzahl von Shorts bei den Öl-Futures und -Optionen hinzu und die gewünschte Inflation ist für dieses Jahr nicht zu sehen.

Die FED und ihre eigene Realität

Dann gibt es noch dieses Schmankerl: »Unter Berücksichtigung nationaler und internationaler Entwicklungen, schätzt das Komitee die Aussichten für Wirtschaftsaktivitäten und den Arbeitsmarkt als ausbalanciert ein.«

All dies bedeutet, dass die FED nicht in der realen Welt lebt, sondern in irgendeinem alternativen Universum der Modelle und Projektionen.

In diesem letzten Auszug gibt die FED dies auch zu: »Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden sich in einer Weise herausbilden, welche nur die stufenweise Erhöhung der Zinsen ermöglichen wird. […] Jedoch wird der derzeitige Weg der Zinsrate von den kommenden Daten hinsichtlich des wirtschaftlichen Ausblicks abhängig sein.«

Dies hebt den vorherigen Satz wieder auf, bestätigt jedoch wieder einmal den Mangel an Verbindlichkeit der FED hinsichtlich weiterer Zinserhöhungen und auf diesem Weg kauft die FED sich etwas Zeit und hofft, dass die Lage in den USA und die weltwirtschaftliche Lage sich auf magische Weise verbessern werden – während sie zugleich die großen Banken mit der notwendigen Liquidität versorgt, weil sie durch zunehmende Pleiten bei den, mit dem ihnen von der FED gespendeten billigen Geld, gewährten Krediten Verluste machen.

Zusammenfassend ist eine eindeutige Politik der Zinserhöhung für 2016 nicht abzusehen, es sei denn, die Wirtschaft erholt sich merklich – was nicht geschehen wird. Das höchste, was wir für dieses Jahr erwarten können, sind weitere 25 bis 50 Basispunkt. Wenn die Märkte jedoch weiter implodieren, wie der Januar gezeigt hat, dann ist es unwahrscheinlich, dass die FED die Zinsen im ersten Quartal anheben wird. Falls die Märkte und die Bankbilanzen sich leicht erholen, dann wird die FED die Zinsen im ersten Quartal um höchstens 25 Basispunkte anheben, aber das ist ein großes “Falls“. Dasselbe gilt für das zweite und dritte Quartal. Im vierten Quartal, sofern die Märkte immer noch schwanken, wird die FED ihre Zinsen aufgrund der US-Wahlen nicht erhöhen, denn abtauchende Märkte sehen für die an der Macht befindliche politische Partei nicht gut aus – auch nicht für die FED selbst.

Derweil verbleiben die meisten anderen Zentralbanken (mit Ausnahme Brasiliens) im Modus der quantitativen Lockerung [QE] oder ein Spiegelbild der FED. Sollten die Liquidität, die Märkte oder die Rohstoffpreise weiter zurückgehen, dann werden sich unter den Elite-Zentralbanken wahrscheinlich noch mehr kreative QE-Maßnahmen ausbreiten. Weniger mächtige Zentralbanken werden dann zur Reaktion gezwungen, um ihre lokalen Volkswirtschaften gegen die Maßnahmen der Elite-Zentralbanken auszubalancieren.

Also werden die Zentralbanken weiter Liquiditäts- und Kapitalfluss-Kriege führen und versuchen die Kapitalflüsse innerhalb ihres nationalen Bankensystems und von außerhalb ihrer Grenzen zu gewährleisten. Dies wird sich insbesondere in China, Europa und Japan zeigen.

Die People’s Bank of China wird wahrscheinlich durch eine weitere Reduktion der Reserve-Anforderungen zusätzliche Liquidität in ihre Banken injizieren. Dies wird sich als doppelt kostspielig erweisen. Bereits im letzten Jahr hat die Verteidigung des Yuan China mehr als eine halbe Billion Dollar gekostet, darunter der höchste jemals aufgezeichnete Betrag von $ 107,9 Milliarden im Dezember – ganz zu schweigen von den, durch spekulative Marktkräfte notwendig gewordenen, mehrfachen Abwertungen seit August 2015.

Die Europäische Zentralbank hat ihr QE- oder Bondkauf-Programm für die Aufrechterhaltung ihrer Nullzinspolitik bereits bis 2017 ausgedehnt. Die Bank of Japan beschleunigt ihr QE-Programm ebenfalls und hielt bereits im dritten Quartal 2015 die Rekordsumme von 315 Billionen Yen ($ 2,6 Billionen) an japanischen Staatsanleihen. Das sind 30,3 Prozent dieses Marktes!

Trend-Voraussage

Vergangenes Jahr war der Trend die steigende Volatilität und dass die FED und die Elite-Zentralbanken ihre Versorgung mit billigem Geld mit Null- oder Negativzinsen aufrechterhalten werden. Dieses Jahr dreht sich der Trend um fallende Märkte, während die Zinsen nahe Null bleiben. Die FED kann sich schlichtweg nicht eigenmächtig auf Zins-Gelage einlassen, ohne zur US-Rezession und der globalen Depression beizutragen.

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>>> zum englischsprachigen Original-Beitrag

Übersetzung aus dem Englischen vom Nachtwächter


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Die erkaufte Zeit läuft ab!
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