Von Siegfried von Xanten
Bilder können als Dekorationselemente dienen, können optisch auflockern und strukturieren. Und sie können eine zentrale inhaltliche Funktion haben. Welche zentrale inhaltliche Funktion mag eine „Landschaft im oder mit Schnee“ haben? Und wie bedeutungskomplex kann ein Klo sein, wenn es als Kunst daherkommt? Das Emotionalisierungspotential ist groß.
Und manchmal kann man kaum glauben, was so alles Kunst sein will. Und das weckt dann auch Emotionen.
Kunst ist „das schöpferische Gestalten und Schaffen von Werken (wie Malerei, Musik, Literatur), für das jmd. Begabung und ein bestimmtes Können braucht.“ Begabung und Können machen allerdings heutzutage meistens Urlaub oder vergnügen sich anderweitig.
Hoch war auch das Emotionalisierungspotential von Vincent van Gogh. In seinem „Atelier des Südens“ malte er 1888 „Landschaft im oder mit Schnee“. Dann besuchte ihn der Kollege Paul Gauguin. Dann schnitt sich van Gogh ein Ohr ab. Und dann reiste Paul Gauguin wieder ab.
Heute hängt die „Landschaft im oder mit Schnee“ im Solomon R. Guggenheim Museum. In New York. Und ist nur zu ganz besonderen Anlässen zum Transport zugelassen. Sagt Nancy Specter, bekennende Präsidenten-Kritikerin.
„Landschaft im oder mit Schnee“ von 1888 gefiel dem Präsidentenehepaar so gut, dass es die bildlich eingefangene und eingefrorene Gegend gerne im Weißen Haus gesehen hätte. Ein van Gogh. Für das Weiße Haus. Als Leihgabe.
Das Salomon R. Guggenheim Museum verweigerte die Leihgabe. Weil die Transportzulassung für ganz besondere Anlässe sich verweigerte. Oder war es, weil der Führer per annum et numerum namentlich grüßte und diese Kunstrichtung nicht präferierte? Immerhin liegen bereits 13.605 Anzeigen vor. Jedenfalls bot man dem Weißen Haus stattdessen einen Cattelan als Dauerleihgabe an.
Ein Kurator ist ein Betreuer. Zum Beispiel von Sammlungen in Museen. Und eine Kuratorin ist die weibliche Form eines Betreuers. Nancy Specter ist Kuratorin im Salomon R. Guggenheim Museum. Und Specter heißt Gespenst. Oder Geist. Ein Museumsgespenst.
Eingedenk Goethes Zauberlehrling – „Die Geister, die ich rief …“ – sollte das Präsidentenehepaar froh sein, dass es mit der Transportzulassung und Nancy Specter nicht geklappt hat.
Maurizio Cattelan ist Italiener. Und Künstler. Ob er an einem Wettbewerb teilgenommen hat, weiß ich nicht. Aber eines seiner Werke ist aus 18-karätigem Gold gefertigt. Und für die Endausscheidung vorgesehen. 18 Karat.
Wie ist das möglich? Die 18 darf verliehen werden und die 1888 nicht. Ist es wegen des angehängten Grußes?
Es steht im Salomon R. Guggenheim Museum. Das Endausscheidungs-Objekt. Und ist verfügbar. Als Langzeitleihgabe, „sollten der Präsident und die First Lady ein Interesse daran haben.“
Das Artefakt ist sehr wertvoll, aber fragil. Ein Klo. Das Klo heißt „America“. Ein amerikanischer Traum. Sagt der Künstler. Aber fragil. Deshalb gibt das Museum „alle Anleitungen zur Installation und Pflege“.
Das wertvolle Artefakt wurde von den Besuchern bereits reichlich benutzt. Und es ist die postmoderne Antwort auf Marcel Duchamps Kunstwerk mit dem Namen „Springbrunnen“. Von 1917. Ein Urinal.
Sehr wertvoll ist auch ein 2001 von Maurizio Cattelan gefertigtes Kunstwerk. Der Führer. Kniend. Es wurde 2016 für 17,2 Millionen Dollar versteigert. Ging der Führer vielleicht nach Japan? In Yen wären das mehr als 1,8 Milliarden. Was soll uns das sagen? Und was macht der Führer in Japan? Malt er wieder?
Van Gogh hinterließ 864 Gemälde und über 1.000 Zeichnungen. Und ein abgeschnittenes Ohr, als Paul Gauguin bei ihm zu Besuch war. Nicht zu Besuch war Paul Gauguin beim Führer. Der aber brachte es auf 2.000 bis 3.000 Zeichnungen, Aquarelle und Ölbilder. Darunter „Nelkenstrauß“, „Nebel in Prag“ und zahlreiche Landschaftsaufnahmen, Gebäude- und Blumenbilder.
Und Schloss Neuschwanstein. Und die Feldherrenhalle. Des Führers Lieblingsgemälde. Sagt Richard Westwood-Brookes, Kunstexperte.
Der Präsident malt auch gern. Vor allem Wolkenkratzer. Mit gelben Knubbel-Autos und grauen Strichmännchen. „Die Skizze der New Yorker Skyline wirkt wenig räumlich gedacht. Der Strich ist simpel, zeugt eher von Hast als künstlerischem Intellekt, angesiedelt zwischen der Pop-Art von James Rizzi und Grundschulkunst.“ So der Experte.
Experten sind Spezialisten, die in fünf von vier Fällen glauben richtig zu liegen, wenn sie sich irren. Und das auf hohem Niveau.
John F. Kennedy hat auch gemalt. Eine Küstenansicht. 1955. Schätzwert 50.000 Dollar.
Und John F. Kennedy bereiste als junger Mann Deutschland. 1937, 1939 und 1945. „Die zunehmende Isolierung Hitlers in Europa erklärt sich Kennedy damit, dass die nordischen Deutschen ‚zu gut‘ seien, weshalb sich die anderen ‚gegen sie zusammenrotten‘.“
John F. Kennedy hielt nichts von Schwarz-Weiß-Malerei. „[…] Ende der 1950er-Jahre bekannte Kennedy seinem ersten Biographen, er sei bisher nicht mit den ‚Problemen der Neger‘ konfrontiert worden, weil er so gut wie keine Schwarzen kenne.“ Kein Problem hatte er auch damit, dem Führer Legendenstatus einzuräumen: „Hitler-war-aus-dem-Stoff-aus-dem-Legenden-sind.“
Stoff konsumierte auch Barry Sottero reichlich. Als „Mitglied einer Kiffer-Clique, die sich ‚Choom-Gang‘ nannte. Die Joints wurden im abgeschlossenen VW-Bus geraucht, um keine Schwade zu verschwenden.“ Und Schnee kam auch nicht zu knapp.
Bei van Gogh liegt der Schnee auf dem Feld herum. Im Winter. „Landschaft mit oder im Schnee“. Und inmitten des Schnees ein einsamer Wanderer. Die Frage ist nicht, ob der schneeerfahrene Barry Sottero das Bild bekommen hätte, wenn er beim Solomon R. Guggenheim Museum angefragt hätte, sondern warum van Gogh sich das Ohr abschnitt, nachdem er 1888 seine „Landschaft mit oder im Schnee“ auf die Leinwand gebracht hatte.
Was wollte er uns damit sagen? Wollte er sein Ohr jemandem leihen? Und warum schnitt er sich nicht noch das andere Ohr ab?
Wie gesagt, das Leih-Klo heißt „America“. Mit Anleitungen zur Pflege ist es da nicht getan. Es muss mal richtig sauber gemacht werden. Ob FBI-Vizedirektor Andrew McCabe das Guggenheim-Klo benutzt hat, ist nicht bekannt. Aber er ist schon mal zurückgetreten, damit „America“ wieder sauberer wird.
Sauber mag man es auch nennen, dass Jill McCabe, die Frau des FBI-Vizedirektors, 2015 von den Demokraten für ihre regionale Wahlkampagne Spenden in Höhe von 700.000 Dollar erhalten hatte. Die beiden befinden sich in guter Gesellschaft. „Die Rücktrittliste enthält mittlerweile satte 556 Einträge.“
Kaum ein Klo scheint so verschmutzt zu sein wie „America“. Aber „America“ ist nicht allein. Hat der Präsident gesagt: „Amerika zuerst bedeutet nicht Amerika allein“. Man darf also gespannt sein, welche Klos der Präsident noch im Auge hat.
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