Von Siegfried von Xanten
Wie wir wissen, wurde die Spottdrossel in der Post-Church-Komitee-Zeit mächtig aufgepimpt. Und mit zunehmendem Alter wird sie immer infantiler. Mittlerweile tummeln sich sogar Bären auf der Bühne in der Arena der öffentlichen Meinung.
Und manche Bären sind sogar Experten. So zum Beispiel Bob Bär. Experten, das sind bekanntlich die Spezialisten, die in fünf von vier Fällen glauben richtig zu liegen, wenn sie sich irren. Auf hohem Niveau.
Nicht so allerdings Bob Bär. Eine Ausnahme, die wiederum die obige Regel bestätigt. Ein altgedienter CIA-Agent. Zusammen mit Tim Kennedy, Sergeant First Class der 7th Special Forces Group der US Army, stellt er sich die Frage: „Wie könnte Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg überlebt haben?“ Nach seinem Selbstmord.
Eine filmische Reise auf den Spuren des Führers: „eine Reise auf verschiedene Kontinente und Länder: Die Dreharbeiten fanden in Deutschland, Spanien, auf den Kanarischen Inseln, in Argentinien, Brasilien und in Kolumbien statt. Ausgehend von einer internen Aufzeichnung des früheren FBI-Chefs J. Edgar Hoover („American Army officials in Germany have not located Hitler’s body nor is there any reliable source that will say definitely that Hitler is dead“) […]”.
Und Bob Bär hat „überall auf der Welt Freunde, die ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen: von Forensik-Experten zu Geheimdienstspezialisten – die Antwort ist immer nur ein Telefongespräch entfernt.“
Norwegen ist auch nur ein Telefongespräch entfernt. Dort gab es den Führer als Teddybären. Zusammen mit Muammar al-Gadaffi und Kim Jong-il. „Dazu der Spruch: ‚Staubfänger in Kinderzimmern lösen Asthma und Allergien aus. Waschen Sie Kuscheltiere viermal im Jahr.‘
Darüber die Botschaft: ‚Teddybären können gefährlich sein.‘ Doch die Anfang des Jahres gestartete Kampagne löste eine Kontroverse aus. Nach starken Protesten haben die norwegischen Behörden sie nun verboten. Sie könne zu einer Verniedlichung Hitlers führen, so die Befürchtungen.“
Nicht zur Verniedlichung, sondern als Führerhauptquartier sollte die durch die Organisation Todt errichtete Bunkeranlage „Bärenhöhle“ dienen. In der Nähe von Smolensk. Die „Bärenhöhle“ wurde vom Führer nie genutzt.
Und dann sind da ja bekanntlich auch noch die Nazi-Bären vom Edersee. Waschbären, die Hermann Göring dort angeblich persönlich ansiedeln und sich vermehren ließ, um sie dann in Divisionsstärke Richtung England marschieren zu lassen. “Görings Günstlinge”, wie der Spiegel 2004 schrieb.
Dass der Oberbefehlshaber der Luftwaffe weniger mit Bären und deren Vermehrung befasst war, legte dann Eberhard Leicht 2009 mit einem Artikel in der Allgemeinen Forstzeitschrift dar. Eine minutiöse Dokumentation anhand von Originaldokumenten:
„Demnach erhielt sein Amtsvorgänger Wilhelm Sittich Freiherr von Berlepsch Anfang Februar 1934 einen Brief von Rolf Haag, einem Geflügel- und Pelztierzüchter aus dem nahen Ippinghausen, in dem dieser ihm kostenlos ‚zwei Paar Waschbären zum Aussetzen am Edersee‘ anbot. Dort hätten die Tiere mit Gewässern und einem alten Baumbestand, der viele Schlaf- und Nistplätze biete, ideale Bedingungen, so Haag, und schwärmt von der ‚reinen Freude, unsere Fauna bereichern zu können‘.“ |
Weitere Exemplare wurden auf einer Pelztierfarm nahe Berlin gehalten. Und die büxten 1945 aus:
„Ob ein Bombentreffer die Ursache war, oder ein Tierfreund die Bären in den letzten Kriegstagen vor dem Verhungern retten wollte, ist unklar. Letztere begründeten das östliche Standbein der deutschen Gesamtpopulation. […] Nach dem Fall der Grenzanlagen vereinigten sich die westlichen und östlichen Waschbärenzweige – und kamen Mitte der 90er so richtig auf Touren.“ |
Digital richtig auf Touren will uns auch Dorothee Bär bringen. Dorothee Bär ist 39 Jahre alt, designierte Staatsministerin für Digitales und ein PR-Talent. Dorothee Bär reiht gern „Worthülsen aneinander und übersieht die Fakten“. Sagt Hans-Peter Siebenhaar. Vom Handelsblatt. „Eine [analoge] Luftnummer“.
Beim Umgang mit einem Bären empfiehlt es sich, „nicht ängstlich“ zu sein. Man sollte allerdings aufmerksam sein und einige Grundregeln beachten. Bei Sichtung und Kontakt sollte man einen gewissen Abstand bewahren. Und Bärenspray sollte man auch dabei haben. Im Übrigen sollte man sich immer wieder lautstark bemerkbar machen. Und nicht mit Stöcken oder Steinen werfen.
Dorothee Bär hat eine Idee. Sie will sich von Jugendlichen im Teenager-Alter beraten lassen. Zeichen eines gesellschaftlichen „Jugendlichkeitskult[es]“. Mit Übergriff auf die Politik. Ohne Erfahrung. „Eine infantile Idee“.
Erfahrung. Oder mit anderen Worten „eine gewisse Lebensreife“, ohne die man nicht „verantwortlich tätig“ sein kann. Sagt der Führer.
Werner Weidenfeld ist Professor und Experte. Der Experte sagt:
„Nach einer gewissen Gewöhnungsphase an die Gesichter der Vorgängergeneration kommt eine Art Aufbruchsstimmung. Die Wähler müssen einen neuen Stil angeboten bekommen, eine neue Rhetorik.“ |
Aufbruchsstimmung mit Mutti. Und das „ist kein Faschingsscherz“. Sagt Hans Peter Siebenhaar. Sondern „Teil einer kommenden Polit-Show zur Unterhaltung“.
Und Geschichte bekommt ein völlig neues Gesicht, wenn man die Jugendlichen im Teenager-Alter zu Wort kommen lässt:
Wir wissen nun, auf welcher Seite die USPD stand. „Auf Seite 67“. Und als „Deutschland im Ersten Weltkrieg gegen Russland kämpfte, ließ Hitler 1947 Sarajewo töten.“ Und als der Führer 1933 an die Macht kam, nannte man das den „Hitlerpunsch“. „Paul Hitler wurde Reichskanzler.“
Und was machte der Führer 1938? „Er sah aus dem Fenster und begann Gurken zu pflanzen.“ Und die „Menschen begrüßten sich damals in Deutschland mit Hi Hitler.“ Auslöser für den 2. Weltkrieg war dann „der Angriff der Chinesen auf Pearl Harbor.“
Aber es gab auch Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Namentlich durch „Sophie und Mehmet Scholl.“ Und am „30.4.1945 erschoss sich dann Hitler in seinem Führerhaus.“ Und die „Ergebnisse der Wannsee Konferenz lassen darauf schließen, dass Heinrich Himmler rechtsradikal war.“
Hätte der Zweite Weltkrieg noch eine andere Wendung genommen, wenn der Führer, wie geplant, Schäferhunde für den Endsieg zum Einsatz gebracht hätte? Immerhin wollte er den Tieren das „Sprechen, Lesen und Buchstabieren beinbringen, behauptet Uni-Professor Jan Bondeson. Ein Mischling soll sogar auf Befehl ‚Mein Führer‘ gekläfft haben.“
Gut. „Die europäisch intellektuelle Welt, Universitätsprofessoren, höhere Beamte, denen ein Wissen blöde eingetrichtert ist, die haben es nicht kapiert. Auf gewissen Gebieten wirkt jede professorale Wissenschaft verheerend […]“. Sagt der Führer.
Hätte man auf Jesus gehört, hätte es gar keinen Krieg gegeben. Womöglich. „Jesus wollte keine Gewalt. Er kommunizierte oral.“ Weiß ein Abiturient. Ob er auch oral mit Gretchen aus Faust I kommunizierte, ist nicht bekannt, aber sie „übergab sich im Kerker in die Hand Gottes.“
Wobei Gott bereits nach der Französischen Revolution seine ganz eigenen Probleme hatte. Nicht nur, weil diese mit dem Ständesystem aufräumte: „Brotstände, Blumenstände, Gemüsestände.“ „Das war alles so schlimm, dass selbst Gott den Glauben verlor.“ Vielleicht auch ein Grund dafür, dass die Frage nach dem Bekenntnis heute schon mal mit „Bayern-Fan“ beantwortet wird.
Auf jeden Fall wurde nach dem Krieg dann der „Eiserne Vorhang“ errichtet. „Der ‚Eiserne Vorhang‘ zwischen Ost- und Westblock in den USA.“ Und während in Europa der „Eiserne Vorhang“ zugezogen wurde, errichteten die Ägypter den Assuan-Staudamm. Und der brachte „nur Nachteile, weil die Ägypter anschließend den Nil graben mussten.“
In jeder Hinsicht neue Erkenntnisse. Nicht nur historisch. „Brasilien liegt in der Sahelzone.“ Und in „Äquatornähe findet man den Nordpol.“ Und an den Polen ist es kalt, „weil Polen nicht am Äquator liegt“. Liverpool liegt auch nicht am Äquator, hat aber einen gewaltigen Schwund an Arbeitsplätzen zu beklagen: „Im Hafen von Liverpool werden heute noch 2000 Menschen beschäftigt. Sie sind alle arbeitslos.“
Der deutsche Studienanfänger ist rechtschreibungs- und grammatikoffen. Nicht lese-, aber sozialmedienkompetent.
Und der Führer? Besaß eine Bibliothek aus über 16000 Bänden. „Aus den Büchern bezog er das Wissen, mit dem er später immer wieder verblüffen konnte. Auch als Reichskanzler blieb Hitler ein eifriger Leser. Mindestens ein Buch pro Nacht […].“
Dorothee Bär stellt sich vor, „einen externen Thinktank von Jugendlichen aufzubauen, der berate und nicht in die Mühlen der Bürokratie eingebunden sei“. Ein externer Denk-Panzer. Oder ein externes Denk-Aquarium.
Die Umsetzung des infantilen Grönemeyerschen Imperativs aus den 80ern: „Gebt den Kindern das Kommando“.
Die infantile Gesellschaft. Robert Bly, amerikanischer Gesellschaftskritiker, hat ein Buch darüber geschrieben. Immer mehr Endfünfziger verlängern ihre Adoleszenz bis in den Ruhestand. Und Jugendliche verspüren keinerlei Antrieb mehr, erwachsen zu werden:
„Die Grenzen zwischen dämlich und kindisch, pubertär und halberwachsen sind fließend.“ |
Empirie frei Haus:
„Das Fernsehen, kein Zweifel, ist der größte virtuelle Sandkasten der Republik, in dem die Backförmchen der Kindheit als elektronische Videotien des Abendprogramms wiederkehren. Selbst BILD AM SONNTAG erregte sich Ende Januar 1997: ‚TV-Irrsinn: Kandidat leckt für 500 Mark Rolltreppen ab!‘“ |
Der Schlusspunkt hinter das durch die 68er auf den Kopf gestellte Bildungssystem. Beginnend in den USA. Mitte der 1960er Jahre. 68. In Buchstaben FH. Eine kryptische Botschaft? Verbirgt sich dahinter womöglich ein unbekannter Sohn oder eine unbekannte Tochter des Führers?
23 Jahre lang nach seinem Selbstmord und seiner anschließenden Reise nach Übersee auf Eis gelegt und Ende der Sechziger aufgetaut? Was sagt Q dazu? Oder heißt es schlicht amerikanisch „Fuck Hitler“?
Und Bildung als denglisches Kompositum? Bill (Rechnung) und Dung. Eine amerikanische Abrechnung mit dem ehemals besten Bildungssystem der Welt. Dung. Und unter dem Dung der alles andere als noch gesunde Menschenverstand.
Sagt der Führer etwas dazu?
„Ja, aber ich sage mir, daß der Mensch den Verstand bekommen hat, um sich seiner zu bedienen, und ich glaube nicht, daß auf die Dauer etwas bestehen kann, das sich versündigt gegen die dem Menschen gegebene Einsicht.“ |
Und:
„Von dem, was der Grieche unter Gymnasium verstand, ist unsere Erziehung vollkommen weg. Der Grieche verstand darunter Erziehung eines harmonischen Menschen: Am Ende blieb der vollkommene Mensch übrig. […] Die Aufgabe ist, dem jungen Mann sein Gehirn zu schulen.“ |
Die natürliche Ordnung. Ohne ein vom Kopf wieder auf die Füße gestelltes Bildungssystem undenkbar. Dazu gehört auch das Theater. Das Theater als Vermittler deutschen und klassischen Kulturgutes. Das Theater als „Kraftquell der Nation“. Sagt der Führer.
Robert Bly postuliert „die Rückkehr zu den Initiationsriten traditioneller Gesellschaften“. „[…] ich glaube nicht, daß auf die Dauer etwas bestehen kann, das sich versündigt gegen die dem Menschen gegebene Einsicht.“ Sagt der Führer.
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