Von Xantens Kolumne – Kreative Chronotopologisierung

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Von Siegfried von Xanten

Was ist eigentlich Geschichte? Ein weites Feld:

„[Im] Allgemeinen diejenigen Aspekte der Vergangenheit, derer Menschen gedenken und die sie deuten, um sich über den Charakter zeitlichen Wandels und dessen Auswirkungen auf die eigene Gegenwart und Zukunft zu orientieren.“

Und, so möchte man ergänzen, die Aspekte der Vergangenheit, die sich gewisse Menschen ausgedacht haben, um den Charakter zeitlichen Wandels auf die eigene Gegenwart und Zukunft ganz nach eigenem Gusto zu gestalten. Eine Art postmoderner progressiver historischer Universalhistorie. In Anlehnung an Friedrich Schlegel, der den Begriff der progressiven Universalpoesie geprägt hat, nicht in seinem 18., sondern in seinem 116. Athenäums-Fragment. Eine Vereinigung aller getrennten Gattungen der Poesie und ein In-Berührung-setzen mit der Philosophie, Rhetorik und Historie. Eine Verschmelzung von Dichtung und Wahrheit.

Im Akt des Erzählens wird das, was in Wahrheit nicht passen will, passend gemacht. Progressive Narrativität und kreative Chronotopologisierung. Geschehnisse werden „in einen mehr oder weniger bewertenden Bezug zu Zeit und Raum gesetzt“ oder erzeugen diesen zeiträumlichen Rahmen überhaupt erst. Wunderbar. Einfach gesagt:

„Die Dinge liegen nicht so einfach […]. Manche Ereignisse geschehen, sind aber nicht wahr. Andere sind wahr, finden aber nie statt.”

Chronotopologisierung nach Elie Wiesel. Wahr statt stattfinden. Eine Wissenschaft für sich. Wenngleich Leopold von Ranke, der als einer der Gründerväter der modernen Geschichtswissenschaft gilt, noch größtmögliche Objektivität bei der Wiedergabe forderte.

Aber ganz exakt muss das Ganze dann eben doch nicht sein:

„Denn Geschichte ist nicht „exakte Wissenschaft“ – sie ist eine humanistische Disziplin. Ihr Hauptgegenstand sind Menschen, und Geschichte ist, wie Thukydides vor langer Zeit sagte, das Studium nicht von Umständen, sondern von Menschen in Umständen. Wer das vergißt, weil er in sein eigenes spezielles Interessengebiet verliebt ist oder fasziniert von den modellbildenden Aktivitäten und Idealtypen der Behaviouristen, kann nur als einfältig bezeichnet werden.“

Eine Wissenschaft von Menschen in Umständen. Und unter Umständen können die Umstände auch schon mal ein wenig erdichtet sein. Wenn das Faustrecht des Stärkeren es verlangt:

„Immer doch schreibt der Sieger die Geschichte des Besiegten. Dem Erschlagenen entstellt der Schläger die Züge. Aus der Welt geht der Schwächere und zurück bleibt die Lüge.“

Sagt Bertolt Brecht.

Wahrheit und Dichtung. Auf welche Seite die Geschichte sich geschlagen hat? Arthur Schopenhauer weiß das:

„Der Historiker soll der individuellen Begebenheit genau nach dem Leben folgen, wie sie an den vielfach verschlungenen Ketten der Gründe und Folgen sich in der Zeit entwickelt; aber unmöglich kann er hierzu alle Data besitzen, Alles gesehen, oder Alles erkundet haben: er wird jeden Augenblick vom Original seines Bildes verlassen, oder ein falsches schiebt sich ihm unter, und dies so häufig, daß ich glaube annehmen zu dürfen, in aller Geschichte sei des Falschen mehr, als des Wahren.“

Die Welt als Wille und Vorstellung.

„Eva, mehr Salz.“ Bis auf das Meersalz könnte der Führer das so gesagt haben. Unter Umständen. Vorstellen kann man sich das. Dachte sich Luis Trenker. Und gesagt hat er:

„Das Allerwichtigste beim Bergsteigen ist, dass man lange lebt.“

Eine Maxime, die für den Bergfilm-Macher 97 Jahre Gültigkeit besaß. Ein „Meister ungezwungenen Fabulierens“:

„Nachts san ma dahoam aussig’schlich’n und aufi durch’n Wald, der Auerhahn hat balzt, und dann san ma einig’stieg’n in d‘ Wand.“

Ob der Auerhahn balzte, oder seine Federn sträubte, als Luis Trenker die Aufzeichnungen Eva-Brauns 1948 unters Publikum brachte, ist nicht bekannt. Allerdings förderten die Tagebücher haarsträubendes Allerlei zutage.

Nicht haarsträubendes, sondern Leipziger Allerlei aß der Führer mit Vorliebe. Ein Gemüsegericht. „Das Fleisch überließ er seinen Generälen.“ Karotten, Blumenkohl, Spargel und Chicorée für den Führer. Erinnert sich Margot Wölk, Vorkosterin in der Wolfsschanze. Was auf den Führerteller kam, musste Margot Wölk zusammen mit anderen Frauen vorkosten:

„Ihr Mann Kurt kämpfte an der Front, als das Miethaus, in dem sie lebte, Anfang 1943 von einer Bombe schwer beschädigt wurde. Sie floh zu ihren Schwiegereltern aufs Land nach Gross Partsch im damaligen Ostpreussen.“

Nicht weit entfernt dirigierte der Führer seine Bataillone.

Und schon Jahre früher habe es „Beauty-Tipps vom ‚Führer‘ und Baggertricks von Goebbels“ gegeben. Für Eva. Und die raste manchmal auch. Vor Eifersucht. Zum Beispiel – das verrät das Tagebuch -, als der Führer sie „nach oben ins Schlafzimmer verbannt“ habe. Und dort habe sie im Nachthemd die Rückkehr des Führers zornig erwartet.

Der sei anderweitig beschäftigt gewesen, weil an diesem Abend Leni Riefenstahl im Berghof geweilt habe. Eine Nebenbuhlerin. Und die habe 1934 mit dem Streifen ‚Triumph des Willens‘ nicht nur den Nürnberger Parteitag der NSDAP propagandistisch in Szene gesetzt, sondern an diesem Abend im Winter 1937 auch sich selbst. Womöglich gebe es sogar Nackttänze.

All das durften die Leser des Boulevardblättchens „Wochenend“ ab dem 3. September 1948 wochenweise erfahren. Und die Auflage verkaufte sich prächtig.

Zunächst gar nicht prächtig habe Eva, so das Tagebuch, es gefunden, auf Führerbefehl rehlederne Unterwäsche tragen zu müssen. Ab Januar 1938. Dann aber habe sie den ungewöhnlichen Stoff genossen: „Wie Samt auf der Haut“. Und die Cremes, die er ihr geschickt habe, scheinen gut zu sein. Zweimal „wöchentlich eine Gesichtsauflage aus rohem Kalbsfleisch und einmal wöchentlich ein Vollbad in warmem Olivenöl“.

Ein Vollbad in einer „Wochenend“-Geschichte. Mit intimen Details. Ersonnen vom Meister des ungezwungenen Fabulierens. Das Hanfseil über der Schulter und den Blick entschlossen nach oben gerichtet. Der König der Berge. Ansonsten gilt die Maxime:

„Das Allerwichtigste beim Bergsteigen ist, dass man lange lebt.“

Genau.

Und wenn der Führer zwischendurch dann mal zu seinen Generälen spricht, dann geht es auch schon mal weniger wie Samt auf der Haut zu. Erinnert sei hier nur an das Nürnberger Schlüsseldokument 3 zur Führerrede vom 22. August 1939, das die Anklagebehörde für die Journalisten der Welt vervielfältigen lässt. Jeder Kritiker solle füsiliert werden.

Ziel des Krieges sei die physische Vernichtung des Gegners, die Entvölkerung Polens, das Zerbrechen der Sowjetunion. Sorge bestehe nur darüber, dass irgendein Saukerl noch mit Vorschlägen komme. Aber wenn er komme, fliege er die Treppe herunter. Und wenn man ihm vor den Augen aller Fotographen in den Bauch treten müsste. Scheißegal. „Und nun ran an den Feind!“ Und Göring habe auf dem Tisch getanzt.

So wird Geschichte geschrieben. Markig tanzen die Worte durch die Reihen der Geschichtsbücher.

Nicht Eingang in die Geschichtsbücher hat dagegen folgende Geschichte gefunden:

„Da gab es den stolzen russischen General, der einem amerikanischen Außenminister stolz einen neuen Erholungspark in Moskau vorführt. Mitten bei der Sightseeing-Tour sehen sie einen Mann, der ungeniert in einem Gebüsch die Hosen herunterlässt und sich erleichtert. Der amerikanische Außenminister zeigt das süffisant dem General. Der zieht wütend einen Revolver und erschießt den Hockenden.

Ein Jahr später kommt der General zum Gegenbesuch nach Washington. Beim Pentagon gehen die beiden durch Grünanlagen, und wie der Zufall so spielt, hockt sich auch da ein Mann zu seiner Notdurft mit herabgelassener Hose nieder. Der russische General frohlockt und sagt zu seinem amerikanischen Gastgeber: ‚Du ihn erschießen?‘ Darauf der Amerikaner mit einem Achselzucken: ‚Geht leider nicht. Es ist der russische Botschafter.‘“

Allerdings muss es ja nicht immer Erschießen sein. Manchmal tut es auch ein Fluch. Eine Verwünschung. Magisch ritualisiert. Und ein Blitz fährt von oben in den Verwunschenen, der gerade seine Notdurft verrichtet. Wobei der Blitz nicht zweckgebunden ist an das Notgeschäft, wie die folgende Geschichte belegt.

Zwei Engländer spielen zusammen Golf. Der eine ist unbeherrscht und sagt jedes Mal, wenn er ein Loch verfehlt: ‚Goddammit, daneben!‘ Der andere schaut ihn missbilligend an. Als er zum dritten Mal wieder ‚Goddammit, daneben!‘ sagt, guckt er sich entschuldigend zu seinem Partner um und sagt:

‚Ich werde mich zusammennehmen. Das nächste Mal soll mich der Blitz treffen, wenn ich wieder fluche.‘ Eine Zeit vergeht, bis es dem schlechten Golfspieler wieder entfährt ‚Goddammit, daneben!‘ Oben eine schwarze Wolke. Ein Blitz zuckt heraus und trifft den unschuldigen Partner. Eine Stimme von oben sagt: ‚Goddammit, daneben!‘

Ziemlich daneben lag auch Eberhard Jaeckel, als er 1980 sein Buch „Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905 – 1924“ herausgab. Als Titelbild ein Führer-Dokument:

„Adolf Hitler, Gefreiter/Reichswehrgruppenkommando, München, Deutsche Arbeiterpartei, München, Sterneckerbräu München, den 19. Oktober 1919. Ich bitte um Aufnahme in die Deutsche Arbeiter-Partei. Bin 30 Jahre alt, habe von 1914 bis 1918 als Frontsoldat im Felde gestanden, bin ausgezeichnet, zuletzt mit dem E.K.I. Mein Beruf ist Kaufmann, möchte aber Werberedner werden, man spricht mir diese Begabung zu. Da ich am 3. Oktober ihre Versammlung besuchte, bitte ich auch als zahlender Eingeschriebener aufgenommen zu werden. In Erwartung ihrer Nachricht, Adolf Hitler.“

Wunderbar. Eberhard Jaeckel hatte Konrad Kujau auf den Buchdeckel eines Geschichtsbuches verholfen. Und Joachim Fest und Andreas Hillgruber sparten nicht mit Lob.

Experten. Das Werk sei mustergültig ediert. Das Werk könne auch der soziologischen, psychologischen und publizistischen Forschung Hinweise vermitteln. Ein großer Wurf. So Fest. Und Dank und Respekt gebühre Jaeckel, dass er sich von der Person des Führers nicht habe abbringen lassen, wo doch die bundesdeutsche Forschung eher von ihr wegstrebe. Und Jaeckel gebe der Forschung über die Frühgeschichte der NSDAP und über die Rolle des Führers dabei sehr starke Impulse.

Sehr stark. Konrad Kujau hatte mit des Führers Tagebüchern immerhin 9,3 Millionen DM verdient, „die wohl größte Eulenspiegelei der Nachkriegsgeschichte.“

Und der Eulenspiegel vermeldete in seiner zweiten Ausgabe 2018, dass der Bürgermeister der Stadtbevölkerung am 3. Januar 2018 per Amtsblatt eröffnet habe, dass Bad Schandau in einem Jahr von den Russen besetzt werde. Eine Klausel aus einem geheimen Zusatzprotokoll zum Hitler-Stalin-Pakt von 1939.

Ein deutscher Austauschschüler habe das ans Licht gebracht. Im Rahmen seiner Materialsuche für eine Hausarbeit über den Dichter Ossip Mandelstamm.

Am 24. August 1939 hatten Außenminister Joachim von Ribbentrop und Wjatscheslaw Molotow in Moskau mit dem „Hitler-Stalin-Pakt“ eine saubere Trennlinie durch Europa gezogen. Von Finnland bis Bessarabien. In einer Zusatzklausel habe man sich ausbedungen, dass Bad Schandau bis zum 1. Januar sowjetisch zu werden habe bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin zugeschlagen werde:

„»Die deutschen Diplomaten betrachteten das damals als Petitesse«, sagt der Militärhistoriker Wolfgang Eschenkamp von der Hamburger Forschungsstelle für Zeitgeschichte. ‚Das Jahr 2019 lag für diese Leute noch in unvorstellbar ferner Zukunft, und so erfüllten sie Stalin seinen Herzenswunsch, ohne lange zu feilschen. Die Frage, was Stalin dazu trieb, seine Hand ausgerechnet nach Bad Schandau auszustrecken, ist bis heute ungeklärt. Möglicherweise hat er mit diesem Kneippkurort irgendwelche sentimentalen Erinnerungen aus seiner Exilzeit verbunden. Wir wissen es nicht …‘“

Bedauerlich, dass es Eberhard Jäckel versagt blieb, dieser kolossalen Petitesse publizistisch in die Öffentlichkeit verholfen zu habe. Allerdings setzte der Historiker dann mit seinem Tod doch noch ein Zeichen. Er starb im Alter von 88 Jahren.

Auf die Frage „Wer oder was hätten Sie sein mögen?“ antwortete der Geschichtsexperte: „Der Mörder Hitlers.“ Aber das habe ihn nicht daran gehindert, des Führers Weltanschauung mit analytischer Nüchternheit zu erklären, so die FAZ in ihrem Nachruf. Eberhard Jäckel – ein Intentionalist, der der Person und dem Willen des Führers entscheidende Bedeutung beigemessen habe. Im Gegensatz zu den Funktionalisten, die dem Führer diese Bedeutung nicht zukommen lassen wollten und von einem „Prozess ‚kumulativer Radikalisierung‘ (Hans Mommsen) ausgingen.“

Kumulative Radikalisierung. In der Peripherie des Reiches. Man habe sich selbstständig gemacht und im Wetteifer gemordet. So Mommsen. Ohne ausdrücklichen Führerbefehl. Und heute betreibe die deutsche Öffentlichkeit „verdeckte Apologetik, indem sie indirekt die Schuld auf die Repräsentanten des Nationalsozialismus und ihre Schergen projiziere.“ Es mangele der Nation an Bereitschaft, „ihre eigene Verstrickung in die NS-Verbrechen einzugestehen.“

Apologetik. Verteidigung. Rechtfertigung.

Recht schnell fertig ist man im Allgemeinen mit dem Buch des Führers. Ohne es gelesen zu haben. Der Monsterisierung sei Dank. Aber darf man das überhaupt? „Mein Kampf“ lesen?

„Das Buch ‚Mein Kampf‘ zu lesen, ist natürlich nicht gesetzlich verboten. Vielmehr ist es die Schere im Kopf, die viele durchaus neugierige Menschen daran hindert, sich mit den Ansichten Adolf Hitlers auseinander zu setzen. Heutzutage genügt es, Menschen zu verteufeln oder zu verklären, um sich ein Bild im sattsam bekannten Schwarz-Weiß-Denken machen zu können. So aber wird man Geschichte nicht verstehen und deren Lehren auch nicht für eine friedvolle Gegenwart und Zukunft begreifen.“

Schwarz-weiß ist auch das Foto, das einen älteren Herrn zeigt, der einem jungen blonden Mädchen das Kinn tätschelt. Eine banale Szene. Im August 1933. An einem Strandweg. In Heiligendamm. Das Kind ist die 2-jährige Helga Susanne Goebbels. Und der ältere Herr ist der Führer. Und das wirke verstörend und löse Unbehagen aus. Nicht das Motiv, sondern der ältere Herr. Sagt Christoph Müller. Wegen der Monsterisierung, die doch jedem Betrachter sofort in den Sinn komme. Ein monsterisierter älterer Herr, ein zweijähriges Kind und Dr. Joseph Goebbels lachend im Hintergrund. Nicht auf einem Strandfest, sondern auf einem Strandweg.

Ein Strandfest wurde 1934 in Lobberich veranstaltet. Zur Einweihung des „Adolf-Hitler-Parks“. Zuvor ein unschönes Gelände am Nettebruch, zwischen oberer Breyeller und Flothender Straße, das so gar nicht zu der schönen Seenlandschaft passen wollte. So die Zeitung ‚Rhein und Maas‘ am 2. August 1934. Eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

Und am 11. August konnte man in „Rhein und Maas“ lesen, dass der Besucher sich wie in den Ferien fühle, eine Weitsicht genießen könne, die entzücke. Der Park, umsäumt von alten wetterharten Bäumen, mit gefälligen Anlagen, Zwerggestrüpp und Blumenschmuck. Mit wohlgepflegten Wegen zum Lustwandeln und zahlreichen Sitzbänken für die ruhige Rast und beschauliche Besinnlichkeit. Wie in den Ferien.

Und zur Übergabe des Geländes an die Öffentlichkeit hatten …:

„… die Gemeinde, der Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV), der Verein der jungen Gärtner Niederrhein-West und die NS-Organisation ‚Kraft durch Freude‘ zu einem „Strandfest in Lobberich“ ein[geladen].“

Ein Fest mit Blumenkorso und einem Festball mit Blumenverlosung im Strandrestaurant Ludwigs, illuminierten Ufern, geschmückten Kähnen und einem Promenadenkonzert der Musik- und Gesangvereine. Allein der Sturmbann der SA hatte 1.200 Mann gemeldet. Das Strandfest in Lobberich.

Bielefeld feierte kein Strandfest. Aber von 1933 – 1945 hieß der Bürgerpark ebenfalls Adolf-Hitler-Park. Eine aufgelassene Tongrube, 1919 – 1921 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gartenbaulich gestaltet. Wobei es sich hier wahrscheinlich um eine chronotopologische Arabeske handelt, die man eher dem Bereich der Dichtung, als dem der Wahrheit zuschlagen darf. Denn Bielefeld, „das gibt’s doch gar nicht“. In Wirklichkeit.

Es handelt sich bekanntlich um eine großangelegte Verschwörung. Die Bielefeldverschwörung. Regelmäßige Kolumnenleser wissen das. Eine Stadt – nicht von dieser Welt. Oder um es mit Carl Zuckmayer zu sagen: Man sieht sich – „so Gott will. […] Und wenn nicht in dieser Welt, dann vielleicht in Bielefeld.“

Aber wie steht es dann mit Horst Wessel? Geboren in Bielefeld. Am 9. Oktober 1907. Frühes Dunkel sei über die Straßen gefallen, braune Blätter seien leise von den Bäumen gewirbelt und der Herbst sei umgegangen. In Bielefeld. So die Westfälischen Nachrichten 1933 zur Geburtskulisse. Braune Blätter.

Ein chronotopologisches Paradoxon. Horst Wessel. „Der Sänger des Herrenvolkes“. So die SZ. „Die Fahne hoch, die Reihen fest geschlossen.“ Eine eingängige Melodie. Rein diatonisch und mit drei funktionalen Grundakkorden zu begleiten:

„All dies bedeutet in der Praxis, dass das Horst-Wessel-Lied auch von unausgebildeten Stimmen gesungen werden kann. Arrangements für und Aufführungen durch weniger versierte Musiker wie die im Rahmen von SA-Kundgebungen eingesetzten Amateur-Blaskapellen sind dadurch leicht realisierbar.“

Joseph Haydn stand keiner Amateur-Blaskapelle vor, sondern war seit 1766 erster Kapellmeister des Fürsten Esterhazy in Eisenstadt. Bis 1790. Dann wurde die Kapelle aufgelöst und Haydn siedelte nach Wien über.

Und was sagt der Führer zum Fürsten Esterhazy und zu Joseph Haydn?

„Große Gastfreundschaft hat die ungarischen Magnaten ausgezeichnet. Auf ihren Herrensitzen waren oft sechzig, siebzig Menschen gleichzeitig eingeladen. Die Weine waren besser als in Österreich, die Schlösser aber weniger schön. Meist lebten die Schloßherren in Saus und Braus in Paris oder an den Spielplätzen der Riviera. Esterhazy hat ein großes Verdienst: Durch ihn ist Haydn vor dem Schicksal Mozarts bewahrt worden, in der Musikstadt Wien in einem Massengrab verscharrt zu werden!“

Außerdem blieb Haydn das chronotopologische Paradoxon eines Horst Wessel erspart. Solche Paradoxien sind in der Geschichtswissenschaft allerdings alles andere als beliebt. Man kapriziert sich hier lieber auf angewandte Kosmetik.

So zum Beispiel die Hesse-Mission am zweiten Kriegstag. Im Auftrag von Ribbentrops hatte Dr. Fritz Hesse aus der deutschen Botschaft Sir Horace Wilson aufgesucht, einen der engsten Mitarbeiter des Premierministers. Er soll nochmals um englische Vermittlung in der Danzig-Frage bitten:

„Der Führer ist bereit, aus Polen wieder herauszugehen und Schadenersatz für den bereits angerichteten Schaden anzubieten, unter der Voraussetzung, daß wir Danzig und die Straße durch den Korridor erhalten, wenn England im deutsch-polnischen Konflikt die Vermittlung übernimmt. Sie sind vom Führer ermächtigt, diesen Vorschlag dem englischen Kabinett zu unterbreiten und sofort Verhandlungen darüber aufzunehmen.“

Hesse übermittelt Wilson das Führer-Angebot, doch der ist nicht interessiert und antwortet, dass England nun den Krieg auszutragen gedenke, den Hitler begonnen habe. In England hatte man das Angebot vorausgesehen und deshalb Frankreich zur schnellen Kriegserklärung an das Deutsche Reich gedrängt. Am 3. September wird die englische Kriegserklärung in Berlin überreicht. Mit einem Ultimatum. Die Reichregierung habe zwei Stunden Zeit, ihre Angriffe in Polen einzustellen und sich zurückzuziehen. Kein Wort zum Führer-Angebot.

Die Akte des Auswärtigen Amtes mit dem Führer-Angebot ließ man verschwinden. Dr. Hesse hörte man 1946 in Nürnberg aus gutem Grunde nicht an. Und den für Polen überaus großzügigen 16-Punkte-Vorschlag verheimlichte man der englischen Öffentlichkeit und beschlagnahmte die Abendausgabe des Daily Telegraph. Angewandte Kosmetik. Damit historisch alles passte. Für England und die Alliierten.

Und was sagt der Führer?

„Ein großer Teil der intellektuellen Engländer sagt: Wir führen Krieg mit Bluff! […] Dieses Lügen, das können wir nicht. Ich könnte mir nicht denken, daß in den deutschen Heeresbericht bewußt eine Lüge hereinkommt. Das machen die eiskalt!

Nun sieht man ja auch, wie sehr sie ihr eigenes Volk beschwindeln! Liest man amerikanische Darstellungen, so hat Amerika die besten Einrichtungen, die es überhaupt gibt, das beste Kriegsgerät und was man will. Wenn man so ein Buch liest wie das da über Amerika: Sie sind dumm wie die Hühner! Um so größer wird einmal die Überraschung sein. Die Erschütterung wird ungeheuer, wenn dieses ganze Kartenhaus einstürzt!“

Gut. Und dumm wie ein Huhn ist der, der glaubt, mit kreativer Chronotopologisierung auf Dauer erfolgreich zu sein. Und:

„Glaubt man, daß, auf die Ferne gesehen, mit Unwahrheit und Lüge ein Erfolg erzielt wird? Ich darf mich nicht an Zeiträume von 300 oder 500 Jahren halten, wenn ich an die Zukunft des Volkes denke!“

Sagt der Führer.

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